Schematherapie

Die Schematherapie ist ein modernes Psychotherapieverfahren zur Behandlung von komplexen psychischen Störungen. Das Verfahren wurde von Jeffrey Young als Erweiterung der Verhaltenstherapie entwickelt, um die oftmals tiefgreifend erlebten Symptome bei Störungen im Beziehungsverhalten und -erleben (bei den sog. Persönlichkeitsstörungen) effektiv behandeln zu können.

Die Schematherapie bezieht explizit die frühen Beziehungserfahrungen (v.a. mit den engen Bezugspersonen) in das Verständnis von der Entwicklung von psychischen Störungen mit ein.

Menschen haben eine Reihe zentraler zwischenmenschlicher Grundbedürfnisse, die angeboren sind, lebenslang bestehen bleiben und evolutionsbiologisch dem Fortbestand und der Weiterentwicklung der Art dienen. Besonders in der Kindheit und Jugend ist die entwicklungsgerechte Erfüllung der Grundbedürfnisse durch die engen Bezugspersonen (wie z.B. Mutter und Vater) unerlässlich.

Nicht immer werden die Grundbedürfnisse durch die engen Bezugspersonen „reibungslos“ befriedigt. Das Beziehungsverhalten der engen Bezugspersonen kann beispielsweise das Bedürfnis des Kindes nach Nähe oder Sicherheit frustrieren. Werden solche Frustrationen und negative Erfahrungen regelmäßig und in extremer Ausprägung erlebt, wird eine Art „Anpassungsverhalten“ an die Erfahrungen mit den engen Bezugspersonen entwickelt (sog. Bewältigungsmodus). Der damalige Erlebniszustand mit seinen gedanklichen, emotionalen, körperlichen Komponenten und Handlungsimpulsen wird zusammen in einem „Schema“ abgespeichert.

Sind Situationen in aktuellen Beziehungen der Auslösesituation ähnlich (z.B. mein/e PartnerIn meldet sich nicht und ich fühle mich wie damals, als meine Mutter/mein Vater nach einem Streit einfach gegangen ist), wird das innere Schema aktiviert. Die früheren innerlich erlebten Gefühle und Bewertungen werden im Hier und Jetzt spürbar und steuern das aktuelle Beziehungsverhalten. Demnach sorgt ein Schema dafür, im Sinne der früheren Beziehungserfahrungen zu handeln (z.B. wenn sie/er sich nicht meldet, kann ich mich nicht auf sie/ihn verlassen, also muss ich mich trennen und schauen, dass ich alleine klar komme; auf meine Mutter/Vater konnte ich mich auch nie verlassen).

Mit den in der Schematherapie entwickelten Methoden sollen frühere Beziehungserfahrungen identifiziert werden, die zu der Entwicklung dysfunktionaler, d.h. nicht hilfreicher, Schemata geführt haben. Damit wird es möglich, durch psychotherapeutische Übungen neues alternatives Beziehungsverhalten aufzubauen, Gefühle und Bewertungen zu verändern und neue positive Erfahrungen in zwischenmenschlichen Beziehungen zu fördern.

Ziele der Schematherapie sind demnach

  • den Betroffenen ein Bewusstsein für die eigenen zentralen Grundbedürfnisse (v.a. im Rahmen von zwischenmenschlichen Beziehungen) zu vermitteln,
  • Strategien aufzubauen, um die eigenen Bedürfnisse angemessen in Beziehungen zu äußern sowie
  • hinderliche Einflüsse (z.B. nicht hilfreiche – sog. dysfunktionale – innere Bewertungen aus der eigenen Lebensgeschichte) zu identifizieren und zu verändern.

Quelle:
Roediger, E. (2011). Praxis der Schematherapie. Stuttgart: Schattauer.